M1: Überraschender Auswärtspunkt in Gmünd

24.09.2018

TSB Schwäbisch Gmünd - SG Hegensberg-Liebersbronn 35:35 (14:12)

Was ist das für ein Handball-Drama gewesen, am Samstagabend in der Großen Sporthalle zu Schwäbisch Gmünd. 60 Minuten lang bot die aufopferungsvoll kämpfende erste Männermannschaft der SG Hegensberg-Liebersbronn dem haushohen Favoriten TSB Schwäbisch Gmünd die Stirn – schien aber, wie eigentlich erwartet, mit leeren Händen nach Hause fahren zu müssen. 22 Sekunden vor dem Ende gingen die Gastgeber nämlich per Siebenmeter glücklich wieder mit einem Tor in Führung. Und wie sollte der SG da, angesichts einer Zwei-Mann-Unterzahl von vier gegen sechs wegen zweier Zeitstrafen, noch der Ausgleich gelingen? Doch die HeLi-Raptors bewiesen noch einmal richtig Herz, wie schon die gesamte Partie über. Der Versuch eines Kempa-Tricks missglückte zwar, doch der abgewehrte Ball fiel Matze Bayer vor die Füße. Und der ließ sich eine Sekunde vor Schluss vor 500 Zuschauern nicht zweimal bitten: mit seinem zehnten Treffer rettete der Kreisläufer, der mit 31 Jahren in der Form seines Lebens ist, den Gästen einen Punkt. „Das war packend, das war ergreifend, das war atemberaubend“, war Co- und Spielertrainer Henning Richter noch am Tag danach ganz ergriffen: „Das tut richtig gut.“

Dabei waren die Vorzeichen für die SG denkbar schlecht gestanden. Nicht nur, dass der heimische TSB als finanzstarker Oberliga-Absteiger zu den Top-Titelanwärtern in der Württembergliga zählt und über einen mit etlichen herausragenden Einzelspielern gespickten Kader verfügt. HeLi selbst hatte Personalsorgen durch den Ausfall des am Oberschenkel verletzten Rückraumschützen Pascal Geyer und den verhinderten Tim Buchmüller. Schlechter noch: Auch Trainer Jochen Masching selbst musste aus privaten Gründen passen. Seine Idee freilich, seinen Freund und Trainerfuchs Dani Mayr auf die Bank zu bitten, sollte sich als Schachzug erweisen. Mayr, dessen Name in der Handball-Region einen sehr guten Klang hat, kennt einige HeLi-Spieler seit Jugendtagen, hatte mit der Mannschaft aber keine einzige Trainingseinheit absolviert. Dafür war er mit dem Gegner umso mehr vertraut, da er in der Vorsaison als Coach des TSV Deizisau gegen Gmünd bereits einmal erfolgreich war. Von Jochen Masching glänzend gebrieft, ergab sich so aus dem Stand heraus ein erstaunlich harmonisches Zusammenspiel der Mannschaft mit ihrem Interimstrainer. „Natürlich“, sagte Henning Richter mit einem Augenzwinkern, „wollten wir Jochen auch beweisen, dass wir zur Not mal ohne ihn auskommen.“

Und tatsächlich sollte die SG, die den Klassenerhalt als Ziel hat, vom Anpfiff an eindrucksvoll demonstrieren, dass sie an diesem Tag alles in die Waagschale werfen wollte, um dem hochambitionierten TSB das Leben so lange wie möglich so schwer wie möglich zu machen. Schwäbisch Gmünd selbst hatte vor der Partie einen eher leichten Gegner auf sich zukommen sehen – was sich aber rasch als Trugschluss erweisen sollte. HeLi setzte die ersten Akzente, ehe sich eine Begegnung zweier Mannschaften auf Augenhöhe entwickelte. In der Defensive gingen die Handballer vom Berg bissig zu Werk. Immer wieder machte zudem Keeper Adrian Beurer, wie in der zweiten Hälfte Tobias Funk, Chancen des TSB zunichte. Und weil auch vorne viel Zug zum Tor war, hielt HeLi bis zum 9:9 in der 18. Minute das Remis, ehe die Hausherren etwas in die Vorderhand kamen und mit einem 14:12-Vorsprung in die Pause gingen. „Es war nicht alles fehlerfrei“, betonte Henning Richter, „aber es war in jeder Sekunde spürbar, dass wir große Moral haben und unbedingt wollen.“

Und diesen Spirit, diesen Geist brachte die Mannschaft auch im noch zweiten Durchgang aufs Feld. Keine Frage, zwischenzeitlich schien sich die individuelle Klasse des TSB mehr und mehr durchzusetzen. Vor allem Rechtsaußen Wolfgang Bächle mit insgesamt zehn Toren und mehr noch Rückraumass Aaron Fröhlich sorgten fast im Alleingang dafür, dass Schwäbisch Gmünd sich allmählich immer deutlicher absetzte. Vor allem Fröhlich war Dreh- und Angelpunkt im Spiel des BWOL-Absteigers – und gefährlicher Vollstrecker zugleich. Als nach 42 Minuten das 25:20 fiel, wähnten sich die TSB-Fans und wohl auch die TSB-Spieler vollends auf der Siegerstraße: es wäre der dritte doppelte Punktgewinn in Folge gewesen in der noch jungen Saison, die mit dem Wiederaufstieg gekrönt werden soll.

Doch alle hatten sie die Rechnung ohne die HeLianer gemacht, die von der eigens mitgereisten Anhängerschar lautstark angefeuert wurden. Kapitän Fabi Sokele und Co. ließen trotz des deutlichen Rückstands die Köpfe nicht hängen. Im Gegenteil. Unter anderem die unheimlich zielstrebigen Arne Helms und Dominic Fischer brachten die SG wieder bis auf ein Tor heran, dann zog Schwäbisch Gmünd erneut davon. Und doch sollte der Treffer zum 32:28 in der 52. Minute noch immer nicht die Vorentscheidung sein. Mit drei Toren in Folge war HeLi plötzlich zum wiederholten Mal auf Schlagdistanz – und der Favorit sollte nun endgültig Nerven zeigen. Die SG hatte inzwischen das Risiko noch einmal erhöht und auf eine offensive 3:3-Deckung umgestellt, eine eingeübte Variante, mit der sich der TSB schwer tat. Selbst einem Routinier wie Fröhlich unterliefen nun zwei leichte Fehler, zudem kassierte er gut zwei Minuten vor dem Ende eine Zwei-Minuten-Strafe, die Henning Richter und Arne Helms zum 34:34 nutzen. Dann brach die dramatische letzte Minute an – verbunden mit dem völlig unerwarteten Punktgewinn für die SG, die einmal mehr mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung aufwartete. „Der Star ist das Kollektiv“, hatte es im Hallenheft über die Gäste aus Hegensberg-Liebersbronn geheißen.

Nach dem Schlusspfiff leerte sich die Halle jedenfalls rasch. Die TSB-Fans verließen enttäuscht den Ort des Geschehens, während die Gäste aus Esslingen feierten – zurecht, wie auch Dani Mayr befand. „Die Jungs haben wirklich eine klasse Leistung abgeliefert“, urteilte der für einen Abend eingesprungene Interimstrainer, der um seine Person kein Aufhebens gemacht haben will. Und auch Jochen Masching war voll des Lobes, nachdem am vorangegangenen Wochenende ja auch schon ein Coup gegen den SKV Unterensingen gelungen war. „Der Einsatz und der Wille sind im Moment einfach sensationell“, so der SG-Trainer.

Mit nunmehr 3:3 Punkten ist der Saisonstart angesichts eines schweren Programms erstaunlich gut geglückt. Doch Zeit, sich auf vermeintlichen Lorbeeren auszuruhen, hat das Team nicht. Kommenden Samstag, 29. September, gibt die hocherfahrene SG Winzingen-Wißgoldigen-Donzdorf in der Sporthalle an der Römerstraße ihre Visitenkarte ab. Und die Gäste reisen als ungeschlagener Tabellenzweiter an.

SG Hegensberg-Liebersbronn: Funk, Beurer (Tor); Schatz, Richter (5), Schieche (1), Christian Bayer (1), Matthias Bayer (10), Helms (11/5), Zeh, Moritz Hettich, Heubach, Fischer (5), Sokele (2).

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